Solidarität mit Flüchtlingen und Asylsuchenden! Protestmärsche der „Non-Citizens“ unterstützen!
16. August 2013
Das bayerische Kabinett habe eine „Reform“ beschlossen, „die die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Bayern verbessern soll“, meldete die Süddeutsche Zeitung am 1. August. Wer die Pressemitteilung der Staatsregierung aufmerksam liest, stellt fest, dass die grandiose „Reform“ in nicht viel mehr als der Streichung eines Halbsatzes aus der bayerischen Asyldurchführungsverordnung besteht. Gestrichen wird, dass die Verteilung der Flüchtlinge auf die bayerischen Lager „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern (soll)“.
Der Halbsatz ist Ausdruck der zynischen bayerischen Asylpolitik, seine Streichung zeigt, dass die Staatsregierung mit dieser Politik unter Druck gerät. Doch die Streichung ändert noch nichts an den Verhältnissen. Der Bayerische Flüchtlingsrat bezeichnet die „Reform“ als „Farce“ und vermittelt ein realistisches Bild davon, wie abschreckend die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Bayern gestaltet sind: „.so verheerend, dass es immer wieder zu Suiziden und Suizidversuchen, aber auch zu Protestaktionen wie Hungerstreiks kommt.“ (www.fluechtlingsrat-bayern.de, Pressemitteilung vom 30.07. 2013 )
Wenn diese Situation in den letzten Jahren immer wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit geriet und die Staatsregierung sich zu ersten Zugeständnissen gezwungen sieht, dann ist das das Verdienst zahlreicher Flüchtlingsinitiativen und ihrer Unterstützer/innen, darunter die „Zeltaktion der Flüchtlinge“ (RefugeeTentAction“) als eine der aktivsten Gruppen. Weil sie sich in ihren Heimatländern für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt hatten, mussten die Beteiligten von dort fliehen. Damit, dass sie jetzt jahrelang als Menschen minderen Rechts in Lagern vegetieren sollen, verurteilt zum passiven Warten auf ein oberflächliches Anerkennungsverfahren, in dem häufig eher nach Ablehnungsgründen gesucht als die Fluchtgründe gewürdigt werden, können und wollen sie sich nicht abfinden.
Die Flüchtlinge der Zeltaktion, die sich selbst „Non-Citizens“ (Nicht-Bürger/innen) nennen, haben beschlossen, nicht auf Andere zu warten, sondern ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen. Seit April 2012 protestieren sie durch Zeltaktionen auf öffentlichen Plätzen, durch Protestmärsche und Hungerstreiks wie zuletzt Ende Juni auf dem Rindermarkt in München.
Ein wichtiger Teil der Aktionen war der dreitägige „Non-Citizen-Kongress“, der im März 2013 im Münchner DGB-Haus stattfand: „Eines der Ergebnisse des Kongresses war die Erkenntnis, dass es ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht möglich ist, die Situation von uns Asylsuchenden zu verändern. Ein legaler Aufenthaltsstatus beinhaltet das Bleiberecht, Bewegungsfreiheit, das Recht auf Arbeit und Bildung, das Recht den Aufenthaltsort zu wählen, das Recht sich das Essen selbst zu wählen, was mensch isst – alles in allem, das Recht, unser eigenes Schicksal zu bestimmen.“ (www.refugeetentaction.net, 6.8.13).
Am 20. August beginnen die Non-Citizens in Bayern eine neue Etappe ihres Kampfes.
In zwei Protestzügen wollen sie von Würzburg über Nürnberg und Augsburg bzw. von Bayreuth über Regensburg, Landshut und Freising nach München ziehen, wo sie in den ersten Septembertagen eintreffen werden. Sie wollen ihrer Empörung über die menschenunwürdigen Bedingungen in einem Land Ausdruck geben, das sich als Vorbild an Demokratie ausgibt. Und sie wollen auf ihrem Weg Kontakt zu Asylsuchenden in weiteren Lagern aufnehmen und sie auffordern, sich anzuschließen und ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.
Was mit Asylsuchenden in unserem Land geschieht, ob ihnen Schutz und Hilfe gewährt wird oder sie als Menschen ohne Rechte in Lagern vegetieren müssen,
das ist eine Frage unserer Demokratie.
Als Organisation ehemaliger Verfolgter des Naziregimes ist für uns das Schicksal von Flüchtlingen von besonderer Bedeutung.
Millionen mussten ab 1933 aus Deutschland und ab 1938 aus den von Deutschland besetzten Ländern fliehen, weil sie von den Nazis bedroht waren. Manche von ihnen wurden in Gastländern großzügig aufgenommen, viele aber mussten unter erbärmlichen Bedingungen leben. Deshalb war nach der Befreiung vom Faschismus für alle selbstverständlich, dass von nun an in Länderverfassungen und Grundgesetz ein großzügiges Asylrecht festgeschrieben werden sollte, um bedrohten Menschen bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Heute, und insbesondere nach der massiven Einschränkung des Asylrechts im Grundgesetz vor 20 Jahren, ist unser Land weit entfernt von den demokratischen Zielsetzungen der Nachkriegszeit bezüglich der Hilfe für Flüchtlinge.
Wir unterstützen deshalb nachdrücklich den Kampf der Non-Citizens und fordern:
Weg mit Lagerzwang und Essenspaketen
Weg mit der Einschränkung der Freizügigkeit („Residenzpflicht“)
Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz – Eingliederung in das Sozialhilferecht
Recht auf Arbeit, Bildung und Deutschkurse
Schluss mit Abschiebungen und Trennung von Familien
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Punkt!
Seht auf der Internetseite der Non-Citizens (www.refugeetentaction.net) nach, was die Protestierenden brauchen und unterstützt sie nach Kräften!
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten – Landesverband Bayern