Burgkirchen an der Alz

geschrieben von Dr. Guido Hoyer

Auf dem Friedhof an der alten Pfarrkirche St. Johann, an der nördlichen Kirchenmauer, befindet sich ein Kindergrab mit einer Gedenktafel, die an 151 in der NS-Zeit ermordete Kinder erinnert, die zwischen Juli 1944 und April 1945 dort begraben worden sind. Es waren Kinder von Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa, vor allem aus Polen und der Sowjetunion.
In Burgkirchen-Gendorf befand sich seit 1938 ein Werk der I.G.-Farben-Tochter Anorgana, das der Produktion von chemischen Kampfstoffen, u. a. Senfgas, diente. Mehrere hundert Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Osteuropa, Italien und Frankreich und auch ca. 250 Häftlinge eines Außenlagers des KZ Dachau wurden zur Sklavenarbeit nach Gendorf verschleppt.
Die Zwangsarbeiterinnen mussten ihre Kinder in einem Barackenlager zur Welt bringen, das zynisch „Kinderpflegestätte“ genannt wurde. Kurz nach der Geburt wurden ihnen ihre Kinder weggenommen. Danach ließen die NS-Verbrecher die Babys meist schon wenige Wochen nach ihrer Geburt an Unterernährung, Kälte und mangelnder Pflege sterben. Der örtliche Historiker Peter Jungblut berichtet: „Zuständig für die „Kinderpflegestätten“ waren die Kreisverbände der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF). In Altötting leitete diese Organisation Georg Schmid. […] im Umgang mit den Kindern der Gendorfer „Pflegestätte“ zeigte sich Georg Schmid nicht sehr zimperlich. […] Im August 1944 beschwerte sich Schmid darüber, daß in Gendorf nicht genug Kinder starben. In anderen „Pflegestätten“ liege die monatliche Todesrate bei 25 Prozent, soll er gesagt haben.“
Gegen den Befehl der Lagerleitung bestattete der damalige Burgkirchner Pfarrer Karl Fürstberger die Kinder würdig. Außerdem trug er ihre Namen und die Sterbedaten ins Kirchenbuch ein.
2010 führte die örtliche Mittelschule eine Aktion „Gegen das Vergessen — für Mitmenschlichkeit“ durch. Dabei sammelten Schülerinnen und Schüler 151 Steine aus der Alz und beschrifteten sie mit den Namen der ermordeten Kinder. In einer Ausstellung, die auch über die geschichtlichen Hintergründe informierte wurden auch fünf Holzbretter, Barackenreste aus dem Anorgana-Gelände, gezeigt. Nach Ende der Ausstellung wurden die Namenssteine am Kindergrab niedergelegt.

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen hält die Erinnerung an das Verbrechen wach und gedenkt alljährlich der Opfer, „denen die Nationalsozialisten und ihr Rassenwahn das Recht auf Leben verweigert haben.“