Freising, Grab von Joschi und Bärbel Pohl
Die Geschwister Bärbel und Joschi Pohl, deren Grab sich auf dem Freisinger Waldfriedhof befindet, wurden Opfer des Völkermords an den Sinti und Roma.
Familie Pohl, die Eltern Julius und Frieda und ihre Kinder Joschi, Bärbel und drei weitere Töchter, lebte in Pankow im Norden von Berlin. Eine „normale Berliner Familie“, evangelisch-lutherisch.
Bärbel machte eine Lehre als Schneiderin, Joschi war Page in Berlins berühmtem Luxus-Hotel, dem Adlon am Brandenburger Tor.
Im Oktober 1942 wurden die beiden Jugendlichen -15 und 16 Jahre alt- von der SS abgeholt und in Konzentrationslager verschleppt.
Bärbel wurde nach Auschwitz deportiert und dort 1945 erschossen.
Die erste Station auf Joschi Pohls Leidensweg war von 1942 bis November 1944 das KZ Sachsenhausen in Oranienburg bei Berlin, dann verschleppte man ihn ins KZ Auschwitz. Am 25. Januar 1945, zwei Tage vor der Befreiung des Vernichtungslagers durch die Rote Armee, wurde er ins KZ Mauthausen in Oberösterreich deportiert, von dort noch in dessen Außenlager Melk und Ebensee im Salzkammergut. Am 1. Mai 1945 gelang Joschi Pohl die Flucht aus dem Lager.
Über die Zeit danach sind die Unterlagen sehr spärlich, so gibt es z.B. keine Meldeunterlagen im Stadtarchiv. Joschi Pohl versuchte sich wohl, in die Heimat durchzuschlagen, was ihm aufgrund der Folgen von Mißhandlungen, Hunger und Lagerhaft nicht mehr gelang. Am 26.02. 1948 starb er im Freisinger Krankenhaus.
Im Sterberegister der evangelischen Gemeinde Freising wird als Beruf „Artist“ angegeben, was -wie erwähnt- nicht Joschis erlernter Beruf war. Möglicherweise hatte er sich einen Zirkus angeschlossen, um nicht auf Fürsorgeunterstützung angewiesen zu sein.
Da keine Angehörigen der Geschwister Pohl mehr leben, beantragte der Verband der deutschen Sinti und Roma, dass die Stadt Freising die Grabpflege übernehme möge. Die Stadt genehmigte dies einstimmig. 2012 machten der Verfasser und die VVN-BdA die Verfolgungsgeschichte von Bärbel und Joschi Pohl erstmals öffentlich.
Bei der Beerdigung von Joschi Pohl vermerkte der evangelische Pfarrer Scheckenhofer, es habe sich um die erste Beerdigung auf dem „neuen Friedhof“ gehandelt. Das Grab von Joschi und Bärbel Pohl ist also das älteste, oder -wenn mit „erster Beerdigung“ „erste evangelische Beerdigung“ gemeint war, eines der ältesten Gräber auf dem Waldfriedhof.
Am Anfang des neuen Friedhofs, des Friedhofs der Zeit nach der Befreiung vom Naziregime, steht ein Grab, auf dem „Auschwitz“ geschrieben steht.