Bayreuth

geschrieben von Dr. Guido Hoyer

Die Festspielstadt Bayreuth ist geprägt von den Richard-Wagner-Festspielen auf dem „Grünen Hügel“. Zu diesem Erbe gehört der Antisemitismus Richard Wagners ebenso, wie die Sympathie seiner Erben für völkische Ideen und NSDAP. Die glühende Hitler-Verehrerin Winifried Wagner, NSDAP-Mitglied seit 1926, war Festspielleiterin 1930 bis 1944.
Seit 1988 finden kritische Diskussionen statt, die beispielsweise zur Umbenennung der Chamberlain-Str. und zur Distanzierung und schließlich förmlichen Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Wagners Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain, einem Theoretiker des völkischen Antisemitismus, führten. Nach Wagners Witwe Cosima, seinem Sohn Siegfried, dem Dirigenten Felix Mottl, deren völkisch-antisemitische Haltung belegt sind und Paul von Hindenburg, dem Mann, der Hitler an die Macht brachte, sind weiterhin Straßen benannt.
Im Richard-Wagner-Park Bayreuth befindet sich seit 2012 der Erinnerungsort „Verstummte Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die Juden 1876–1945“. Hier wird Mitwirkender der Bayreuther Festspiele gedacht, die in der NS-Zeit (oder bereits vor 1933) ihrer jüdischen Herkunft wegen nicht mehr auftreten durften. Die Installation ist der bleibende Teil eines Ausstellungsprojektes des Historikers Hannes Heer, des Musikkritikers Jürgen Kesting und des Designers Peter Schmidt aus dem Jahr 2006.
Im Innern der Synagoge, Münzgasse 2, befindet sich am Thora-Schrein eine Gedenktafel, die „an die sechs Millionen Märtyrer, welche wegen ihres Judentums ermordet wurden“ erinnert.
Auf dem jüdischen Friedhof, Nürnberger Straße 9, befindet sich seit 1995 ein aus drei Stelen bestehendes Mahnmal, das an die jüdischen Gefallenen des 1. Weltkrieges und an die jüdischen Opfer des NS-Terrors erinnert. Der Text lautet:
„Zum Gedächtnis der 6 Millionen Unschuldiger, die 1933 bis 1945 um ihres Judentums willen hingemordet wurden.
Ihr Martyrium verpflichtet die Lebenden im Kampf für Recht und Würde des Menschen nie zu erlahmen.“
Am Hauptbahnhof, Markgrafenalle, wird seit 1999 mit einem Gedenkstein an die von den Nazis verschleppten und ermordeten Sinti erinnert. Initiatoren des Gedenkens waren der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern und die Stadt Bayreuth. Das Schicksal von zwei der fünfzehn 1939 in Bayreuth wohnhaften Sinti, Max und Wilhelm Rose, kann nachvollzogen werden: Max Rose, geboren 1899, wohnte in der Frauengasse 6. Er wurde 1941 verhaftet, nach Ravensbrück und Dachau verschleppt, wo er am 18. November 1942 als „verstorben“ gemeldet wurde. Wilhelm Rose wurde im Januar 1943 nach Dachau deportiert, wo er am 14. April 1943 starb.

Auf dem jüdischen Friedhof ist Kurt de Jonge bestattet. Der Sozialdemokrat war von den Nazis ins KZ Dachau verschleppt worden, emigrierte nach den Niederlanden und Palästina und kehrte nach dem Ende des NS-Regimes nach Bayreuth zurück, wo er 1991 verstarb.
Die Stadt gedenkt der „Opfer der Gewaltherrschaft 1933-1945“ mit einer Tafel im Neuen Rathaus, Luitpoldplatz.
Auf dem städtischen Friedhof, Erlanger Str. 40, sind Gräber von zwei sozialdemokratischen Antifaschisten, Friedrich Puchta und Oswald Merz, erhalten. Friedrich Puchta, SPD-Reichstagsabgeordneter von 1920-1924 und 1928-1933 wurde nach dem Versuch, eine Widerstandsgruppe in Oberfranken aufzubauen, ins KZ Dachau verschleppt und verstarb kurz nach der Befreiung am 17. Mai 1945 an den Folgen der Haft.
Oswald Merz, vor 1933 aktiv im Reichsbanner und der Arbeitersängerbewegung, wurde wegen Widerstand gegen das NS-Regimes zu einer Haftstrafe verurteilt. Er starb am 18. Mai 1946.
Wegbeschreibung zu dem Gräbern vom Haupteingang aus: Zum Grab von Puchta (Grab Nr. 7709 in Abteilung 2c) geht man vom Haupteingang geradeaus, bei der dritten Abzweigung nach links und über den nächsten Weg. Das Urnengrab Oswald Merz (Urnengrab Nr. 78, NW 4) erreicht man links vom Haupteingang unterhalb einer Mauer im Urnengrabbereich vor einer Hecke.
Im Geburtshaus von Wilhelm Leuschner in Bayreuth, Moritzhöfen 25, wurde eine Gedenkstätte eingerichtet, die von der Stadt Bayreuth getragen wird.
Der Gewerkschafter und Sozialdemokrat Wilhelm Leuschner hatte sich als Innenminister von Hessen (1928-1933) und Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) als entschiedener Gegner der NSDAP einen Namen gemacht und war bereits 1933 in „Schutzhaft“, u. a. ins Emslandlager Börgermoor, verschleppt worden. Nach der Haftentlassung gehörte er zu den aktiven Widerstandskämpfern gegen das Naziregime. Sein Weg führte in den Kreisauer Kreis und den 20. Juli. Nach dem Scheitern des Attentats wurde auch Leuschner zum Tod verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Die Gedenkstätte ist geöffnet Dienstag bis Freitag 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr und Samstag / Sonntag 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Träger von Bibliothek und Archiv ist die Wilhelm-Leuschner-Stiftung, die in der Herderstraße 29 ihren Sitz hat. Aktuelle Informationen sind unter Tel. 0921 150 72 71 zu erfragen.