Die beiden Landessprecherinnen der VVN-BdA Bayern, Renate Hennecke und Mastaneh Ratzinger, haben den Aufruf der Türkischen Gemeinde in Deutschland für die Reform des Staatsbürgerrechts unterzeichnet. VVN-BdA Bayern für Reform des Staatsbürgerschaftsrechts weiterlesen »
Rundbrief der VVN-BdA Nürnberg
24. September 2013
Die VVN-BdA, Kreisvereinigung Nürnberg, informiert regelmässig mit einem Rundbrief über aktuelle Themen. Der Rundbrief September 2013 ist jetzt erschienen. Rundbrief der VVN-BdA Nürnberg weiterlesen »
VVN-BdA Bayern unterstützt Aufruf „Rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlingen entgegentreten“
17. September 2013
Die VVN-BdA Bayern unterstützt den Aufruf „Rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlingen entgegentreten“. Dieser Aufruf wurde von derAmadeu Antonio Stiftung, der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. , der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V. und Pro Asyl verfasst. VVN-BdA Bayern unterstützt Aufruf „Rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlingen entgegentreten“ weiterlesen »
Non-Citizens: Erklärung beim Verlassen des Gewerkschaftshauses
17. September 2013
Die „Non-Citizens“ der Kampagne „Struggle for freedom“ die sich bis 15. September im Münchner Gewerkschaftshaus aufhielten und das Haus nun verlassen haben wenden sich mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin wird der Gewerkschaft ver.di ausdrücklich gedankt. Non-Citizens: Erklärung beim Verlassen des Gewerkschaftshauses weiterlesen »
Das Recht auf Freizügigkeit steht JEDEM zu
2. September 2013
„Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.“ Wenn es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte „Jeder“ heißt, ist auch „Jeder“ gemeint. In Deutschland gilt das Recht auf Freizügigkeit nicht für Jeden: Asylsuchende sind davon ausgenommen. Das Recht auf Freizügigkeit steht JEDEM zu weiterlesen »
VVN-BdA Bamberg zum bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss
19. August 2013
Der Rundbrief der VVN-BdA kommentiert die Ergebbisse des NSU-Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag:
Der Abschlussbericht des bayerischen NSU-Untersuchungsausschusses zum Desaster derBehörden um den NSU wurde Mitte Juli vorgelegt. Die Erkenntnisse sind für uns nichts Neues:
Mit Hilfe des Verfassungsschutzes und anderer bayerischer Behörden wurden rechte Strukturen verschwiegen, gedeckt, gefördert und sogar deren Aufbau finanziert. Das V-Leute-System(Nazis als bezahlte Informanten des Verfassungsschutzes) hat komplett versagt, obwohl V-Leute zum engsten Unterstützerkreis des NSU-„Trios“ gehörten. Die rassistisch geprägten Ermittlungen seit 1998 zeigen: Neonazis werden von allen Behörden bewusst unterschätzt.
VVN-BdA Bamberg zum bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss weiterlesen »
Solidarität mit Flüchtlingen und Asylsuchenden! Protestmärsche der „Non-Citizens“ unterstützen!
16. August 2013
Das bayerische Kabinett habe eine „Reform“ beschlossen, „die die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Bayern verbessern soll“, meldete die Süddeutsche Zeitung am 1. August. Wer die Pressemitteilung der Staatsregierung aufmerksam liest, stellt fest, dass die grandiose „Reform“ in nicht viel mehr als der Streichung eines Halbsatzes aus der bayerischen Asyldurchführungsverordnung besteht. Gestrichen wird, dass die Verteilung der Flüchtlinge auf die bayerischen Lager „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern (soll)“.
Der Halbsatz ist Ausdruck der zynischen bayerischen Asylpolitik, seine Streichung zeigt, dass die Staatsregierung mit dieser Politik unter Druck gerät. Doch die Streichung ändert noch nichts an den Verhältnissen. Der Bayerische Flüchtlingsrat bezeichnet die „Reform“ als „Farce“ und vermittelt ein realistisches Bild davon, wie abschreckend die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Bayern gestaltet sind: „.so verheerend, dass es immer wieder zu Suiziden und Suizidversuchen, aber auch zu Protestaktionen wie Hungerstreiks kommt.“ (www.fluechtlingsrat-bayern.de, Pressemitteilung vom 30.07. 2013 )
Wenn diese Situation in den letzten Jahren immer wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit geriet und die Staatsregierung sich zu ersten Zugeständnissen gezwungen sieht, dann ist das das Verdienst zahlreicher Flüchtlingsinitiativen und ihrer Unterstützer/innen, darunter die „Zeltaktion der Flüchtlinge“ (RefugeeTentAction“) als eine der aktivsten Gruppen. Weil sie sich in ihren Heimatländern für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt hatten, mussten die Beteiligten von dort fliehen. Damit, dass sie jetzt jahrelang als Menschen minderen Rechts in Lagern vegetieren sollen, verurteilt zum passiven Warten auf ein oberflächliches Anerkennungsverfahren, in dem häufig eher nach Ablehnungsgründen gesucht als die Fluchtgründe gewürdigt werden, können und wollen sie sich nicht abfinden.
Die Flüchtlinge der Zeltaktion, die sich selbst „Non-Citizens“ (Nicht-Bürger/innen) nennen, haben beschlossen, nicht auf Andere zu warten, sondern ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen. Seit April 2012 protestieren sie durch Zeltaktionen auf öffentlichen Plätzen, durch Protestmärsche und Hungerstreiks wie zuletzt Ende Juni auf dem Rindermarkt in München.
Ein wichtiger Teil der Aktionen war der dreitägige „Non-Citizen-Kongress“, der im März 2013 im Münchner DGB-Haus stattfand: „Eines der Ergebnisse des Kongresses war die Erkenntnis, dass es ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht möglich ist, die Situation von uns Asylsuchenden zu verändern. Ein legaler Aufenthaltsstatus beinhaltet das Bleiberecht, Bewegungsfreiheit, das Recht auf Arbeit und Bildung, das Recht den Aufenthaltsort zu wählen, das Recht sich das Essen selbst zu wählen, was mensch isst – alles in allem, das Recht, unser eigenes Schicksal zu bestimmen.“ (www.refugeetentaction.net, 6.8.13).
Am 20. August beginnen die Non-Citizens in Bayern eine neue Etappe ihres Kampfes.
In zwei Protestzügen wollen sie von Würzburg über Nürnberg und Augsburg bzw. von Bayreuth über Regensburg, Landshut und Freising nach München ziehen, wo sie in den ersten Septembertagen eintreffen werden. Sie wollen ihrer Empörung über die menschenunwürdigen Bedingungen in einem Land Ausdruck geben, das sich als Vorbild an Demokratie ausgibt. Und sie wollen auf ihrem Weg Kontakt zu Asylsuchenden in weiteren Lagern aufnehmen und sie auffordern, sich anzuschließen und ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.
Was mit Asylsuchenden in unserem Land geschieht, ob ihnen Schutz und Hilfe gewährt wird oder sie als Menschen ohne Rechte in Lagern vegetieren müssen,
das ist eine Frage unserer Demokratie.
Als Organisation ehemaliger Verfolgter des Naziregimes ist für uns das Schicksal von Flüchtlingen von besonderer Bedeutung.
Millionen mussten ab 1933 aus Deutschland und ab 1938 aus den von Deutschland besetzten Ländern fliehen, weil sie von den Nazis bedroht waren. Manche von ihnen wurden in Gastländern großzügig aufgenommen, viele aber mussten unter erbärmlichen Bedingungen leben. Deshalb war nach der Befreiung vom Faschismus für alle selbstverständlich, dass von nun an in Länderverfassungen und Grundgesetz ein großzügiges Asylrecht festgeschrieben werden sollte, um bedrohten Menschen bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Heute, und insbesondere nach der massiven Einschränkung des Asylrechts im Grundgesetz vor 20 Jahren, ist unser Land weit entfernt von den demokratischen Zielsetzungen der Nachkriegszeit bezüglich der Hilfe für Flüchtlinge.
Wir unterstützen deshalb nachdrücklich den Kampf der Non-Citizens und fordern:
Weg mit Lagerzwang und Essenspaketen
Weg mit der Einschränkung der Freizügigkeit („Residenzpflicht“)
Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz – Eingliederung in das Sozialhilferecht
Recht auf Arbeit, Bildung und Deutschkurse
Schluss mit Abschiebungen und Trennung von Familien
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Punkt!
Seht auf der Internetseite der Non-Citizens (www.refugeetentaction.net) nach, was die Protestierenden brauchen und unterstützt sie nach Kräften!
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten – Landesverband Bayern
Gedenkstunde in Hebertshausen
4. Mai 2013
Nach der Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Dachau versammelten sich am 5. Mai 2013 ca. 80 Menschen zum „Friedensweg“ am Gedenkstein für die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen auf dem ehemaligen SS-Schießplatz bei Hebertshausen.Mehr als 4000 Gefangene wurden 1941/42 hier erschossen.
Nach einem Trompetenstück, gespielt von Wolfgang Kohl, und der Begrüßung durch Ernst Antoni (VVN-BdA) hielt der Überlebende des KZ Theresienstadt Ernst Grube, Stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, die nachstehende Rede.
Nach ihm sprachen Ljuba Vaserina, Freiwillige der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, und der ehemalige Häftling im KZ Dachau, Naum Cheifez, beide aus Belarus.
Sergej Tenjatnikow, Begleiter und Übersetzer der Delegation ehemaliger Häftlinge aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion, trug ein eigenes Gedicht vor.
Am Ende der Gedenkstunde legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rote Nelken vor den Gedenksteinen nieder.
Ernst Grubes Rede im Wortlaut:
„Seit vielen Jahren versammeln wir uns hier an diesem Ort, um der von der SS in den Jahren 1941/42 ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen zu gedenken.
Über 4500 Menschen wurden hier ermordet. Soldaten, die ihre Heimat gegen den faschistischen Angreifer verteidigt haben.
Ohne den Einsatz der sowjetischen Menschen, der Roten Armee, wäre es den Alliierten wohl kaum gelungen, den Krieg gegen die deutsche Wehrmacht zu gewinnen. Die befreiten Häftlinge der Konzentrationslager, der Ghettos und Kriegsgefangenenlager hätten nicht überlebt. Die „Arbeit“ der Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka, Sobibor, Belzec und andere wäre bis „zur Auslöschung der jüdischen Rasse“ fortgesetzt worden. Der Terror im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten hätte sich fortgesetzt. Das Grundgesetz, wie wir es heute kennen, hätte es nie gegeben.
Welche Bedeutung hat die Erinnerung heute?
Wir wissen:
Sofort nachdem den Nazis 1933 die Macht übertragen worden war, haben sie den in der Weimarer Republik propagierten Antisemitismus in die Praxis umgesetzt:
Jüdische Bürger wurden angegriffen, jüdische Läden wurden boykottiert und zerstört. Bestimmungen und Gesetze wurden erlassen, die – allen voran – uns Juden aus der Gesellschaft zunehmend ausgrenzten.
Zuerst wurden den gewählten Kommunisten und später den Sozialdemokraten die Mandate genommen und ihre Parteien verboten. Als politische Gegner wurden sie verhaftet, oftmals gefoltert und kamen in Gefängnisse und die neu errichteten Konzentrationslager.
Maßnahmen zum Ausbau der deutschen Wehrmacht und zur Vorbereitung eines Krieges wurden in Angriff genommen.
Dies – und mehr – konnten die Nazis, gestützt auf den Terror gegen die Arbeiterbewegung, deshalb so erfolgreich durchsetzen, weil es ihnen zunehmend gelang, ihre menschenfeindliche Ideologie des Antikommunismus, des Rassismus und des Herrenmenschentums bei der Mehrheit der deutschen Bevölkerung zu verankern und zu festigen. In seiner Propaganda einer „jüdisch-bolschewistischen Gefahr“ hatten der NS-Staat und seine Helfer ein innen- und außenpolitisch wirksames Feindbild geschaffen, das hemmungslose Vernichtung erlaubte und forderte.
Es ist diese menschenfeindliche Ideologie und die damit einhergehende Strategie der Gewalt, die so gefährlich ist. Sie setzt sich in den Gehirnen fest. Nimmt den Menschen jede Kritikfähigkeit und jede Bereitschaft des Widerstandes. Sie werden zu Zuschauern, Jasagern und schließlich zu Mitmachern.
Gegen diese Ideologie wurde nach der Befreiung und nach der Gründung der Bundesrepublik kaum etwas unternommen.
Im Gegenteil:
Wie wir heute im Zusammenhang mit der um Jahrzehnte – über ein halbes Jahrhundert – verspäteten und verzögerten Ermittlung gegen 50 noch lebende ehemalige Aufseher des KZ- und Vernichtungslagers Auschwitz wieder einmal erfahren, „war die Verfolgung der Naziverbrecher damals nicht mehrheitsfähig“.
In den bundesdeutschen Ämtern waren bis zu 2/3 ehemalige Verantwortliche der Nazibehörden, so dass selbst die Ermittlungsstelle in Ludwigsburg ihre Erkenntnisse bei den „normalen Fahndungsbehörden“ nicht unterbringen konnte.
Das alles wissen heute die Verantwortlichen des Staates in den Parlamenten und Ämtern!
Wie ist es dann möglich,
dass neonazistische und andere rassistische Organisationen ihre menschenfeindliche Ideologie u.a. auf Demonstrationen und Kundgebungen fast immer ungehindert verbreiten können? Und Menschen und Organisationen, die sich dem entgegenstellen, immer noch als sog. „linksextremistische“ Verfassungsfeinde beobachtet und kriminalisiert werden?
dass die Bundesregierung es ablehnt, sich dem Verbotsantrag der Länder gegen die NPD anzuschließen, um damit ein wichtiges Zeichen zu setzen?
dass der Verfassungsschutz bei der Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen der Neonazis ganz versagt hat, und nicht nur durch Geldmittel den Aufbau von Nazistrukturen gefördert hat?
dass Menschen, die bei uns Hilfe und Asyl suchen, zum größten Teil abgewiesen werden? Und, wenn sie es schaffen hier anzukommen, unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen? Wie ist es möglich, dass auch Politiker sich häufig mit denselben rassistischen Vorurteilen wie damals gegen Menschengruppen stellen, die hier Schutz und Recht suchen?
Absolut unverständlich ist mir auch, dass die Justiz das Verfahren gegen Kriegsverbrecher eingestellt hat, die 1944 in Sant Anna in Italien 560 Menschen ermordet haben.
Man muss die Verbrechen der Nazis nicht kennen, um heutige Verbrechen als solche zu erkennen, zu bekämpfen und zu verurteilen.
Das Wissen und unsere Erfahrung, wohin Antikommunismus, Antisemitismus, jeglicher Rassismus und Krieg führen, zeigt jedoch, wie dringend notwendig es ist, sich dagegen zu wehren.
So müssen wir gerade hier an diesem Ort furchtbarster Naziverbrechen immer wieder beklagen, dass der Anteil der Sowjetunion, der Roten Armee an der Niederschlagung des Faschismus in der Erinnerungskultur in Bayern und in der Bundesrepublik kaum Erwähnung findet.
Es ist nach wie vor die Wirkung des Antikommunismus, die einen sachlichen, würdigen und historisch wahren Umgang mit der Geschichte bisher behindert.
Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung bis heute den wenigen noch lebenden ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen eine humanitäre Geste der Anerkennung des NS-Unrechts verweigert.
27 Millionen Sowjetbürgerinnen haben ihr Leben durch den Vernichtungskrieg des NS -Staates verloren. Der Hungertod der Zivilbevölkerung und der Kriegsgefangenen war fest eingeplant. Von 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen wurden 3,3 Millionen aus rasse-ideologischen Gründen Opfer der NS-Gewaltherrschaft.
In einem Appell der Organisation KONTAKTE zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2013, der von namhaften Persönlichkeiten unterschrieben ist, heißt es unter anderem:
„Diese ‚Russenlager‘ waren Sterbelager. Die Haftbedingungen waren zeitweise grausamer als in Konzentrationslagern. Warum wird das ignoriert? Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehemalige sowjetische Kriegsgefangene nicht weiterhin zu missachten und eine Geste der Anerkennung zu beschließen!“
In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 25. April wird die Frage gestellt, „warum es in Deutschland noch kein Denkmal für sowjetische Kriegsgefangene gibt?“
Danke.“
Bayerischer Verfassungsschutzbericht 2012: Unfähig zu ernsthaftem Umdenken
15. April 2013
Seit vielen Monaten bringen die NSU-Untersuchungsausschüsse auf Bundes- und Länderebene Tag für Tag, Woche für Woche neue Erkenntnisse über das Ausmaß der Inkompetenz, Schlampigkeit und Sehschwäche deutscher Verfassungsschutzämter – auch des bayerischen – in Bezug auf die Beobachtung neofaschistischer und rechtsterroristischer Milieus ans Tageslicht.Strategische Konzepte, die in diesem Bereich entwickelt wurden, waren schlicht unbekannt. So z. B. das Konzept des „führerlosen Widerstands“ mit selbständigem Agieren in kleinen Gruppen bei der Durchführung rassistischer Terroranschläge. Obwohl in einschlägigen Dokumenten der Blood&Honour-Bewegung ausdrücklich der Verzicht auf Bekennerschreiben empfohlen wurde, gaben sich die bayerischen Ermittler ahnungslos: Ohne Bekennerschreiben gab es für sie keinen nazistischen Hintergrund.
Dreizehn Jahre lang konnte daher der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) unbehelligt morden und rauben, während die Opfer diffamiert und verdächtigt wurden, in ein angebliches „kriminelles Ausländermilieu“ verwickelt zu sein. „Wie hätten wir darauf kommen sollen?“ fragte der Leitende Oberstaatsanwalt Walter Kimmel, der für die Ermittlungen zu den NSU-Morden in Nürnberg und München verantwortlich war, vor dem Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. Was für eine Bankrott-Erklärung!
Von all dem will der bayerische Innenminister nichts wissen. Sein soeben erschienener Verfassungsschutz-bericht 2012 macht erschreckend deutlich, wie unfähig Minister und Verfassungsschützer zu ernsthaftem Umdenken sind. Hauptaussage: Wir haben im Prinzip alles richtig gemacht, kleinere Defizite können durch Stärkung unseres Überwachungsapparates behoben werden.
Der Gipfel der Selbstgerechtigkeit ist erreicht, wenn es im Kapitel „Rechtsextremismus“ heißt: „Rechtsterroristische Taten können – insbesondere wenn sie von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen begangen werden – zu keiner Zeit ausgeschlossen werden. Dies haben in jüngerer Zeit insbesondere die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds sowie auch die Breivik-Attentate in Norwegen im Jahr 2011 verdeutlicht.“ Der Vergleich der NSU-Mordserie, deren Charakter über 13 Jahre nicht erkannt wurde, mit dem einmaligen Amoklauf des norwegischen Massenmörders Breivik ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Im Klartext bedeutet er: Wir konnten nichts dafür und werden derartige rassistisch motivierte Morde auch in Zukunft nicht verhindern können. Die verhängnisvolle Einzeltätertheorie wird bekräftigt, die Existenz organisierter rechtsterroristischer Strukturen wird weiterhin geleugnet, die Hintermänner bleiben unbehelligt.
Die Tatsache, dass auch im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2012 antifaschistische Organisationen, darunter die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, nach wie vor als verfassungsfeindlich diffamiert und dadurch in ihrer Tätigkeit behindert werden, ist die andere Seite derselben Medaille. Wir werden, wie in den Vorjahren, dagegen Klage einreichen.
Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den Verfassungsschutz und das Innenministerium diffamiert werden!
11. April 2013
Anlässlich der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichts 2012 und im Vorfeld des NSU-Prozesses wenden sich A.I.D.A., das Bündnis gegen Naziterror und Rassismus und zahlreiche Einzelpersonen, darunter VVN-BdA-Landessprecherin Renate Hennecke an die Öffentlichkeit.
„Ein breites gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und rechte Gewalt“ – dies muß, so die Unterzeichner, die Konsequenz aus dem Versagen staatlicher Behörden bei der Aufdeckung des NSU-Terrors sein, aber: „Das bayerische Innenministerium und insbesondere das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz haben in den letzten Jahren immer wieder das wichtige antifaschistische Engagement einiger … Initiativen unter dem Vorwurf des „Linksextremismus“ diffamiert und behindert. Das Konzept des „Extremismus“ ist nicht nur wissenschaftlich höchst umstritten, es ist auch politisch brandgefährlich, da es antifaschistisches Engagement mit dem Taten von Neonazis gleichsetzt.“
Die Forderung der Unterzeichner lautet daher: „Sei es durch ihr Eintreten für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, durch Erinnerungspolitik, durch Recherchen über die extreme Rechte, durch Bildungs- und Kulturarbeit und durch politische Interventionen. Wir fordern: Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den bayerischen Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzberichte des bayerischen Innenministeriums diffamiert werden. Auch sie sind unverzichtbarer Teil eines gesamtgesellschaftlichen Engagements gegen Rassismus und rechte Gewalt und damit für eine offene, demokratische Gesellschaft.“
Neben der Antifaschistische Informations- Dokumentations- und Archivstelle München (a.i.d.a. e.V.)und dem Bündnis gegen Naziterror und Rassismus wurde die Erklärung von folgenden Personen unterzeichnet:
Siegfried Benker (Stadtrat, Bündnis 90/Die Grünen München)
Eva Bulling-Schröter (MdB, Landessprecherin DIE LINKE.Bayern)
Philipp Dees (Vorsitzender Jusos Bayern)
Hamado Dipama (Mitglied des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt München)
Luise Gutmann (VVN-BdA Regensburg)
Renate Hennecke (Landessprecherin VVN-BdA Bayern)
Angelika Lex (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)
Xaver Merk (Landessprecher LINKE.Bayern)
Florian Ritter (MdL, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus)
Maren Ulbrich (Vorsitzende Ver.di Jugend Bayern)
Ulli Schneeweiß (stellvertretender Geschäftsführer Ver.di Mittelfranken)
Hier die Erklärung im Wortlaut:
20130412_1_13-04-11_gemeinsame-erklaerung_vs-bericht_0-1.pdf (30 KB)







