VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher
VVN-BdA nimmt Lehren aus der Geschichte und die Bayerische Verfassung ernst !
15. März 2011
Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird wiederum die VVN-BdA als „linksextremistisch beeinflusste Organisation“ bezeichnet und damit deren Erwähnung im Bayerischen Verfassungsschutzbericht gerechtfertigt.Diese Einschätzung ist eine skandalöse Diffamierung der VVN-BdA und missachtet völlig Ziele und Wirken der VVN-BdA. Diese Einschätzung gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg; im Bund und in allen sonstigen Bundesländern wird die VVN in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
Es ist ein Skandal, dass in Bayern nach wie vor eine Organisation, in der sich Menschen für Demokratie und Frieden engagieren, derart diskriminiert wird. Die Etikettierung der VVN als „linksextremistisch“ ist vor allem auch eine persönliche Diffamierung der älteren Mitglieder der VVN, die unter dem Naziterror in Konzentrationslagern leiden mussten: Diejenigen, die sich damals den Nazis entgegenstellten und noch heute in hohem Alter die Jugend aufklären möchten, werden letztlich als „Extremisten“ auf die gleiche Stufe wie die Neonazis gestellt. Besonders bezeichnend war die Formulierung im letztjährigen Verfassungsschutzbericht 2009: „Öffentliche Zeitzeugenauftritte von früheren KZ-Häftlingen sollen der Organisation […] einen demokratischen Anstrich verleihen“ (S. 184). Mit diesem Satz werden ehemalige Häftlinge entweder als gutgläubige, von finsteren VVN-Mächten instrumentalisierte Opfer hingestellt – oder deren Engagement gegen alte und neue Nazis wird als rein taktisches Manöver gewertet. Beides ist gleichermaßen empörend.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird Ernst Grube persönlich als „Linksextremist“ diffamiert, wenn es heißt: „Über den bayerischen Landessprecher der VVN-BdA, Ernst Grube, beispielsweise sind Verbindungen zur DKP und zu autonomen Gruppen bekannt“ (S. 197). Unterschlagen wird dabei, dass Ernst Grube Überlebender des KZ-Theresienstadt ist, dass er fast tagtäglich gebeten wird, in Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau vor jungen Menschen zu sprechen, dass er erst diesen Januar wieder im Bayerischen Landtag anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus zu den Ehrengästen zählte, dass er seit Jahren in verschiedenen Gremien auch „Verbindungen“ zu Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung und zu vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens hat. Unterschlagen wird auch die Selbstverständlichkeit, dass ein Landessprecher der VVN natürlich Verbindungen pflegt zu allen Organisationen und Kräften, die sich gegen Neonazis engagieren.
An keiner Stelle der Erklärungen des Verfassungsschutzberichtes wird die wirkliche Arbeit der bayerischen VVN zur Kenntnis genommen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert und möglichst breite Bevölkerungskreise zu einem demokratischen, friedlichen Engagement bewegen will. Im Bund und in fast allen Bundesländern wird deshalb die VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten nicht erwähnt.
So erscheint der bayerische „Sonderweg“ in Sachen VVN absurd und anachronistisch angesichts der Tatsachen, dass beispielsweise · der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA, Esther Bejarano, ehem. Auschwitzhäftling und Mitglied im sog. „Mädchenorchester Auschwitz“, vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde unter ausdrücklicher Anerkennung ihrer Arbeit in der VVN; · dass dem langjährigen Mitglied des Landevorstand der VVN-Bayern, der NS-Verfolgten und Augsburger Ehrenbürgerin Anni Pröll, vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ebenfalls das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde; · dass der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl (CSU) sich Anfang März 2009 bei der Augsburger VVN „sehr herzlich“ bedankt hat für die Teilnahme am Aktionstag gegen Neonazis: „Sie haben mit Ihrer engagierten Aktion (…) ein gutes Stück dazu mitgeholfen, den Ruf Augsburgs als Ort der Demokratie (…) zu festigen“; außerdem erhielt der Kreissprecher der Augsburger VVN-BdA, Dr. Harald Munding, die Ehrenmedaille „Für Augsburg“ in Anerkennung gerade auch für die antifaschistische Erinnerungsarbeit der Augsburger VVN. · dass an verstorbene Mitglieder der bayerischen VVN in verschiedenen Städten mit Straßennamen erinnert wird; · das die NS-Verfolgten Ernst Grube und Martin Löwenberg mit Auszeichnungen wie „München leuchtet“ von der Stadt München geehrt wurden; · dass im „Bamberger Bündnis gegen Rechtsextremismus“ Partner wie der DGB, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, das Erzbistum Bamberg, die Evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde oder der Stadtjugendring gemeinsam mit der Bamberger VVN arbeiten; · dass die VVN an vielen Orten in Bayern ein geschätzter und zuverlässiger Partner von Kommunen und Organisationen ist, wenn es darum geht, das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus wach zu halten und dem Wiederaufleben von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten.
Die von der bayerischen Regierung vorgebrachten Gründe für die angebliche Verfassungsfeindlichkeit der VVN-BdA erweisen sich nicht als Tatsachen, sondern als bloße Vermutungen ohne Begründung. Da es für das Innenministerium nicht möglich ist, konkrete Sachverhalte zu benennen, wird entsprechend einer Verschwörungstheorie unterstellt, dass die vielen gutgläubigen Mitglieder der VVN und deren gutgläubige Bündnispartner den wahren extremistischen Charakter der VVN nicht „erkennen“, ihn in „Kauf nehmen“ oder ihn „bagatellisieren“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß v. 3.6.2009) würden.
Wahrheitswidrig: „kommunistisch orientierter Antifaschismus“
Der VVN wird wahrheitswidrig unterstellt, sie verfolge einen „kommunistisch orientierten Antifaschismus“, der letztlich dazu diene, „auch die parlamentarische Demokratie“ als einer „Vorstufe zum Faschismus“ zu bekämpfen (S. 197). Statt Belege für diese Behauptung zu liefern, wird hier einfach unterschlagen, dass die VVN-BdA gerade keine bestimmte Auffassung über Ursachen von Faschismus und Nationalsozialismus vertritt oder verbindlich vorschreibt. Warum nimmt das Innenministerium die weltanschauliche Breite der VVN-BdA nicht zur Kenntnis? Warum missachtet es die Passage einer Entschließung der Landeskonferenz der VVN Bayern 2008, in der es heißt: „Die geschichtlichen Erfahrungen ernst nehmen – Zusammenarbeit gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit fördern Vor über 60 Jahren gründeten auch in Bayern ehemalige NS-Verfolgte die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Grundlage der VVN war ein Konsens, der entstanden ist aus dem früheren Gegeneinander und den nachfolgenden leidvollen Erfahrungen von Nazigegnern verschiedenster politischer Positionen: Nur gemeinsam, ohne jede Ausgrenzung, ohne jeden Wahrheitsanspruch, ohne jede Instrumentalisierung für eine weltanschauliche Zielsetzung können antifaschistische Kräfte so stark werden, den Faschismus zu verhindern. Weil letztlich weite Teile der Gesellschaft vom Faschismus betroffen sind, müssen weite Teile der Gesellschaft einbezogen werden. Inhaltlich zeigen Zukunftsprogramme des Widerstandes, das Potsdamer Abkommen, Verlautbarungen der ersten VVN-Gruppen, das Grundgesetz und insbesondere die Bayerische Verfassung die Breite jenes „antifaschistischen Konsens“: Er war weder antikapitalistisch noch antisozialistisch, sondern hatte eine Gesellschaft zum Ziel, in der demokratische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen gewährleistet, wirtschaftliche Machtkonzentration verhindert, konsequente Friedenspolitik gesichert und jegliche faschistische Propaganda und Aktivität ausgeschaltet sein sollten.“
Aufgrund dieses Selbstverständnisses gibt es in der VVN deshalb bis heute ein breites Spektrum an Anschauungen über Ursachen des Faschismus, darunter eben auch die Auffassung von einem engen Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus. Im Übrigen bleibt völlig unverständlich, wieso letztere „Deutung“ des Faschismus verfassungsfeindlich sein soll; auch erste Erklärungen der CSU im Nachkriegsbayern oder auch manche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung haben in diesem Verständnis ihre Wurzeln. Verwiesen sei hier nur auf den Bericht des NS-Verfolgten und späteren bayerischen Ministers Alois Schlögl, CSU, im vorbereitenden Verfassungsausschuss zum Kapitel Wirtschaft, wo er am 13.9.1946 u.a. ausführte: „In den zwölf Jahren feierte der Privatkapitalismus wahre Triumphe. Er kam durch Kapitalisten im wahrsten Sinne des Wortes zur Macht“. Ist es verfassungsfeindlich, wenn neben vielen anderen Auffassungen in der VVN heute auch solche Positionen vertreten werden?
Wahrheitswidrig: Antidemokratische Ziele
Bemerkenswert ist, dass im bayerischen Verfassungsschutzbericht nicht Aktivitäten des Landesverbandes Bayern der VVN, sondern einzelne Äußerungen des Bundesvorsitzenden als „Belege“ benützt werden (die freilich den Bundesbehörden keinen Anlass geben, die VVN als verfassungsfeindlich zu bezeichnen). Statt solche kritischen Äußerungen auf Bundesebene (Kritik an Einschränkungen von Bürgerrechten, Notwendigkeit breiter Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Warnung vor zunehmender Militarisierung und Kritik an geplanten Bundeswehreinsätzen im Inneren) als Teil demokratisch legitimer Kritik zu werten, sieht das Bayerische Innenministerium hierin bereits Hinweise auf verfassungsfeindliche Positionen.
Belege für die die Behauptung, die VVN bekämpfe nicht nur Rechtsextremismus, sondern eigentlich die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden natürlich nicht erbracht. Sie wären auch schwer zu liefern, da die VVN nirgends den demokratischen Staat an sich bekämpft, sondern lediglich immer wieder eindringlich davor warnt, wenn in Politik und Verwaltung nicht genügend konsequent gegen den Rechtsradikalismus vorgegangen wird. Solche Kritik erachten wir als demokratische Pflicht und als wirklichen „Verfassungsschutz“, sie hat mit „Bekämpfung des Staats“ nichts zu tun; verwiesen sei hier nur auf die wiederholte notwendige Kritik etwa des Zentralrats der Juden in Deutschland an mangelndem staatlichen Handeln gegenüber antisemitischen und rassistischen Tendenzen. Es ist mehr als bedenklich hinsichtlich des Verständnisses von Demokratie, wenn das Bayerische Innenministerium Kritik an einzelnen politischen Maßnahmen der Exekutive als „diffamierende Beschreibung der Verfassungswirklichkeit“ erachtet und daraus „ein grundsätzliches Infragestellen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ (Brief des ehem. Staatssekretärs Weiß) konstruiert.
Wahrheitswidrig: Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten
Ohne Belege, einfach unterstellt wird der bayerischen VVN auch im Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 197), dass in der Bayerischen VVN-BdA „der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ sei und zur Partei DIE LINKE …ebenfalls Kontakte … bestehen“. Diese Einschätzung geht an der Wirklichkeit vorbei und übernimmt einfach alte Behauptungen. Dass der Großteil der bayerischen VVN-Mitglieder wohl überhaupt nicht parteipolitisch organisiert ist, dass sich auf allen Ebenen in Vorständen Unorganisierte und auch Mitglieder der verschiedensten Parteien finden, wird im Verfassungsschutzbericht einfach unterschlagen. Dass es unter Mitgliedern und Funktionären der VVN auch Angehörige der DKP und der Partei „Die Linke“ gibt, ist selbstverständlich für eine Organisation, die ja bewusst Menschen aus allen weltanschaulichen Lagern ansprechen will, um ungeachtet von Parteizugehörigkeit gemeinsam gegen den Rechtsextremismus zu wirken. Deshalb gibt es in der bayerischen VVN-BdA bei der Aufnahme von Mitgliedern auch keine Frage nach der Parteizugehörigkeit; sie kann und darf für eine antifaschistische Organisation keine Rolle spielen. Dass die VVN-BdA Kontakte zu allen demokratischen Parteien pflegt, ist für eine politische Organisation ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen: Natürlich fanden sich auch in der bayerischen VVN bei der Gründung bereits viele Kommunistinnen und Kommunisten. Dies hatte seine Ursache aber nicht in irgendwelchen „Infiltrationsversuchen“, sondern im Umstand, dass die Kommunisten in der NS-Zeit besonderer Verfolgung ausgesetzt waren. Die Häftlingskartei in der KZ-Gedenkstätte Dachau zeigt dies nachdrücklich.
Wahrheitswidrig: Fehlende Distanzierung von Gewalt
Inhalte der Arbeit der bayerischen VVN werden im aktuellen Verfassungsschutzbericht nun überhaupt nicht mehr angegeben. Das Bemühen um ein NPD-Verbot und das Wirken gegen Antisemitismus, Rassismus und Sozialabbau passen wohl nicht recht zum Etikett „Linksextremismus“.
Da der VVN Bayern keinerlei „Gewaltbereitschaft“ – als wichtiges Kriterium des Extremismusvorwurfs – zuzuschreiben ist, weicht auch hier der Verfassungsschutzbericht 2010 auf die Bundesebene aus und behauptet einen in der Verbandszeitschrift „antifa“ dokumentierten „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar in Dresden“ (S. 197). In Wirklichkeit war dieser nach Verschwörung klingende „Schulterschluss“ nichts anderes als der Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, Verfolgten des Naziregimes und unabhängigen AntifaschistInnen, der sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern wandte und auf das Recht des zivilen Ungehorsam zur Blockade des Naziaufmarsches in Dresden bestand; diesen Schulterschluss haben ja dann im letzten Jahr Zehntausende von Nazigegnern – unter ihnen auch der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse – friedlich vollzogen und den Naziaufmarsch verhindert.
Die Wirklichkeit nimmt der Verfassungsschutzbericht einfach nicht zur Kenntnis: Die VVN in Bayern wirkt in allen Bündnissen gegen Rechtsextremismus darauf hin, gewaltfrei und solidarisch zu handeln und möglichst breite Kreise zu erreichen. Es ist absurd, einer Organisation wie der VVN, deren Gründer die Gewalttaten der Nazis und die Zerstörung der Demokratie am eigenen Leib erleben mussten, die sich zeitlebens für die Festigung der Demokratie eingesetzt haben, heute Gewaltbereitschaft zu unterstellen.
Wer die Arbeit der bayerischen VVN vorurteilsfrei zur Kenntnis nimmt, wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag leistet zum bürgerschaftlichen Engagement gegen den leider wieder erstarkenden Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Beitrag ist wichtig für den Schutz von Verfassung und Demokratie. Auch das Bayerische Innenministerium sollte dies endlich würdigen.
Die Erwähnung der VVN-BdA durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern entbehrt jeder Grundlage. Wir fordern daher, die Beobachtung der VVN-BdA einzustellen und sie in den Berichten des Verfassungsschutzes nicht mehr zu erwähnen.
Friedbert Mühldorfer Landessprecher