Witikobund und Sudetendeutscher Tag

24. Juli 2011

Auch der diesjährige „Sudetendeutsche Tag“ in Augsburg fand unter maßgeblicher Beteiligung des ultrarechten „Witikobundes“ statt. Der „Witikobund“, von NSDAP-Mitgliedern gegründet, wurde bis 1967 als rechtsextrem eingestuft. 2001 stellte das Bundesamt für Verfassungsschutz, so die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage einer Bundestagsfraktion, beim Witikobund „eine Verdichtung von Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen“ fest.Die Augsburger Kreisvereinigung der VVN-BdA schrieb deshalb einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Dr. Gribl, der das Auftreten des ultrarechten Bundes problematisiert.

Das Schreiben der Augsburger VVN-BdA an Oberbürgermeister Dr. Gribl im Wortlaut:

Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Augsburg und die Stadträtinnen und Stadträte

Sudetendeutscher Tag in Augsburg

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl,

Erneut hat in unserer Stadt ein Sudetendeutscher Tag unter maßgeblicher Beteiligung des Witikobundes stattgefunden. Am Samstag, den 11. Juni, hielt der Witikobund zur besten Zeit im städtischen Messezentrum eine Veranstaltung ab. Der Witikobund, von NSDAP-Mitgliedern gegründet, mit engen Beziehungen zur NPD in den sechziger Jahren und Beteiligung der Wiking-Jugend an seinen „Reichsgründungsfeiern“ in den siebziger Jahren, mit Geschichtsrevisionisten und Holocaustleugnern in seinen Reihen und immer wieder zahlreichen rechten und rechtsextremen Politikern und Publizisten im Vorstand, repräsentiert einen höchst einflussreichen Flügel der Sudetendeutschen Landsmannschaft und versucht diese zu radikalisieren und auf eine völkische Linie zu leiten. (nach Wikipedia) Die Veranstaltung am Vorabend des Sudetendeutschen Tages am 10. Juni im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses mit der Verleihung der sudetendeutschen Kulturpreise wurde erneut von Reinfried Vogler geleitet. Reinfried Vogler ist nicht nur Bundeskulturreferent und stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, sondern auch Witikone. In den achtziger Jahren war er sogar Bundesvorsitzender des Witikobundes, der bis 1967 vom Bundesministerium des Innern als rechtsextrem eingestuft wurde und der Bundesregierung seit 2001 erneut „eine Verdichtung von Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen“ liefert. Herr Oberbürgermeister, Sie sagten in ihrem Grußwort: „Als traditionsreiche Friedensstadt wünschen wir, dass vom 62. Sudetendeutschen Tag Signale ausgehen, die Schatten der leidvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts durch wahrheitsgemäße Aufarbeitung und Fortführung der Verständigungsbemühungen zu überwinden.“ Diese – unterstützenswerten – Wünsche bleiben unerfüllbar, solange der Witikobund in der Landsmannschaft mitwirkt So schrieb der ehemalige Vorsitzende des Witikobundes, Roland Mirtes im Jahr 2002: „In diesem Zusammenhang gewinnt eine sonst unbedeutende Zeitungsmeldung Interesse, nach der im tschechisch-deutschen Grenzgebiet (sprich Sudetenland) Aufkleber mit der tschechischen Aufschrift »Das Sudetenland war und wird wieder Deutsch« aufgetaucht sind… Wenn schon so unbedeutende Ereignisse das tschechische Raubsystem erschüttern, welches Erdbeben werden wir erleben, wenn sich die Sudetendeutschen von ihren Kaffeekränzchen verabschieden und der Wiedergewinnung ihrer Heimat zuwenden? Man sollte sie nicht unterschätzen und ihre Geduld nicht überstrapazieren. Die Weichen sind richtig gestellt. Packen wir‘s an. Gott ist mit den Standhaften!!“ Die Stadt Augsburg gibt dem Witikobund eine Plattform, wenn sie eine Veranstaltung im Goldenen Saal des Rathauses zulässt, die von einem Witikonen geleitet wird, wenn sie dem Witikobund im Rahmen des Sudetendeutschen Tages einen Veranstaltungsraum auf dem Messegelände überlässt. Immerhin ist die Augsburger Schwabenhallen Messe- und Veranstaltungs-GmbH ein städtisches Unternehmen. Die Stadt Augsburg wertet den Witikobund politisch auf, wenn der Oberbürgermeister Grußworte an die Veranstaltungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft anlässlich des festlichen Abends im Rathaus und des Sudetendeutschen Tages auf dem Messegelände richtet und sogar persönlich an den Veranstaltungen teilnimmt. Die Stadt untergräbt damit die Städtepartnerschaft Augsburg-Liberec, denn die Hetze gegen Repräsentanten der tschechischen Politik – sei es im historischen Kontext oder auch in ganz aktuellen Bezügen – ist auf den Veranstaltungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft, ganz maßgeblich geschürt durch den Witikobund, allgegenwärtig. Die Teilnahme des Witikobundes am Sudetendeutschen Tag untergräbt auch das Ansehen Augsburgs als Friedensstadt. Denn – wie oben beispielhaft gezeigt – die Absichten des Witikobundes sind nicht friedlich. Beim festlichen Abend der Landsmannschaft im Goldenen Saal des Rathauses wurde vom Bundesvorsitzenden Franz Pany neben Werner Nowak, Vorsitzender der Bundesversammlung und gleichfalls Witikone, ausdrücklich auch der Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Österreichs, Gerhard Zeihsel, begrüßt. Als Ziel hat sich die Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich (SLÖ) unter anderem gesetzt „unabhängig von Abkommen und Verträgen, den legitimen Anspruch der Sudetendeutschen auf ihre angestammte Heimat“ einzufordern. Am 5. Dezember 1975 wurde von der Landsmannschaft bei den Vereinten Nationen eine Petition eingebracht, in der die „Rückkehr in ihre Heimstätten und […] Rückgabe des ihnen geraubten Vermögens“ verlangt wurde. Eine weitere zentrale Forderung der SLÖ ist bis heute die Annullierung der „Beneš-Dekrete“ durch die tschechische Regierung. Von Seiten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes wird die SLÖ als rechtsextreme Vorfeldorganisation eingestuft. (http://www.mies-pilsen.de/in_tschechien_verliert_man_die_nerven.htm) Zeihsel selbst ist auch FPÖ-Politiker, gehört also einer Partei an, der laut Wikipedia im In- und Ausland „ein Nahverhältnis zum Rechtsextremismus attestiert“ wird. Zeihsel nahm in der FPÖ auf Landesvorstands- und Bundesleitungsebene wichtige Funktionen wahr. Wir meinen, dass Veranstaltungen im Rathaus, mit städtischer Unterstützung und Teilnahme des OB, keinen Platz haben sollten, wenn dort ein führender Funktionär der FPÖ und der SLÖ nicht nur teilnimmt, sondern ausdrücklich und in aller Öffentlichkeit begrüßt und willkommen geheißen wird. Wir fordern Sie und den Stadtrat deshalb auf, Veranstaltungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in städtischen Räumen nicht mehr zu dulden, an ihnen nicht mehr teilzunehmen und auch keine Grußworte an sie zu richten, solange solche Kräfte ganz offiziell teilnehmen und so lange sich die Sudetendeutsche Landsmannschaft nicht ausdrücklich vom Witikobund distanziert. Die Stadt Augsburg und ihr Oberbürgermeister befänden sich mit einer solchen Linie in bester Gesellschaft zum Beispiel mit Regensburg und dem Bayerischen Städtetag. Der Oberbürgermeister von Regensburg, Hans Schaidinger, verweigerte der Sudetendeutschen Landsmannschaft 2009 ein Grußwort, weil sie sich nicht vom Witikobund distanzierte. Das führte bezeichnenderweise zu wütenden Protesten der Rechtsextremen, z.B. dem Freien Netz Süd. Regensburg, Patenstadt der Sudetendeutschen, werde erst wieder beim Gedenktag der Sudetendeutschen Landsmannschaft präsent sein, wenn dieser ohne den Witikobund stattfindet, kündigte die städtische Pressesprecherin damals an. Hans Schaidinger ist gleichzeitig Vorsitzender des Bayerischen Städtetages und Sie, Herr Gribl, repräsentieren Augsburg im Vorstand des Städtetages. Wir denken, das sollte Sie ermutigen, den gleichen Schritt wie der Oberbürgermeister von Regensburg zu tun.

Hochachtungsvoll

Dr. Harald Munding Sprecher VVN-BdA Kreisverband Augsburg“